1. Was bedeutet Ayurveda?
Āyurveda setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern "āyuḥ" (Leben) und "veda" (Wissen) zusammen. Es bedeutet also "Wissen vom Leben". Die Āyurvedische Medizin ist ein ganzheitliches Medizinsystem, das nicht nur die Heilung von Krankheiten umfasst, sondern auch lehrt, wie ein gesunder Lebensstil geführt und ein langes Leben erreicht werden kann. Sie betrachtet den Menschen als Ganzes - Körper, Geist und Seele - und beschäftigt sich mit allen Einflüssen, die auf unser Leben einwirken und ihm nützen oder schaden können, wie Ernährung, Verhaltensweisen und Arzneimittel.
2. Der Ursprung des Āyurveda
Der Ursprung des Āyurveda liegt in den Veden, den ältesten Quellen indischen Wissens, die von den Rishis in Form metrischer Gesänge empfangen und später schriftlich aufgezeichnet wurden. Es gibt vier Veden: Rig-Veda, Yajur-Veda, Sama-Veda und Atharva-Veda. Die meisten ayurvedischen Vorstellungen sind im Atharva-Veda enthalten, weshalb Āyurveda als eine Teillehre des Atharva-Veda gilt.
Suśruta, ein bedeutender Chirurg des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, beschreibt, dass Brahman, noch bevor er die Welt schuf, die Kenntnisse des Āyurveda in hunderttausend Versen zusammengestellt hatte. Dieses Wissen wurde an verschiedene Götter und Weise weitergegeben und schließlich systematisch in den Saṁhitās zusammengefasst.
3. Die philosophischen Grundlagen
Die philosophischen Grundlagen des Ayurveda sind in sechs verschiedenen indischen Philosophiesystemen verwurzelt, die als Wege zur Erkenntnis der Wahrheit betrachtet werden. Diese Systeme werden shat darshana genannt und bieten unterschiedliche Perspektiven auf die Wirklichkeit. Für das Verständnis des Ayurveda sind insbesondere die Systeme Sāṁkhya und Vaiśeṣika von grundlegender Bedeutung. Hier sind die sechs Philosophiesysteme, die im Kontext des Ayurveda relevant sind:
Die drei klassischen Texte des Ayurveda

Caraka Saṁhitā
Sie ist nach ihrem Autor Caraka benannt und repräsentiert die Schule der ayurvedischen Medizin, die sich auf die Innere Medizin konzentriert.
Die Caraka Saṁhitā wird auf das 1. Jh. v. Chr. datiert.

Suśruta Saṁhitā
Benannt nach ihrem Autor Suśruta, ist dieses Werk der Schwerpunkt der Schule der ayurvedischen Medizin, die sich vor allem mit der Chirurgie befasst.
Die Suśruta Saṁhitā wird auf das 1. Jh. n. Chr. datiert.

Aṣṭāṅga Hṛdaya Saṁhitā
Dieses Werk wurde von Vāgbhata verfasst und wird auf das 7. Jh. n. Chr. datiert
Pañca-Mahābhūtas: Die 5-Elemente-Lehre
Der Begriff "Mahabhuta" bezieht sich auf die fünf grobstofflichen Elemente im Ayurveda, die auch als Pañca-Mahābhūtas bekannt sind. Diese Elemente bilden die Grundlage für alle Phänomene im Universum und sind sowohl in der äußeren Welt als auch im menschlichen Körper vorhanden. Die fünf Mahabhutas sind:

ākāśa
Raum oder Äther

vāyu
Luft oder Wind

agni
Feuer

jala
Wasser

pṛthivi
Erde
Diese Elemente sind nicht nur die Bausteine der materiellen Welt, sondern sie manifestieren sich auch im Körper als die drei Doshas (Bioenergien). Jedes Dosha besteht aus einer Kombination von zwei der fünf Elemente. Da die Elemente sowohl für Lebewesen als auch für die Umwelt grundlegend sind, findet ein ständiger Austausch zwischen dem Inneren und dem Äußeren statt. Der Mensch nimmt fehlende Substanzen aus der Umgebung durch Atemluft, Nahrung und Medikamente auf und gibt überschüssige Abfallprodukte ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mahabhutas die Grundelemente der materiellen Welt und des menschlichen Körpers sind. Sie bilden die Basis für die Doshas, Sinneswahrnehmungen und die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt. Das Verständnis dieser Elemente ist essenziell für die ayurvedische Lehre.
Jñanendriyas: Wahrnehmungsorgane

Ohren
Raum


Haut
Luft


Augen
Feuer


Zunge
Wasser


Nase
Erde

Die drei Dosas
Die drei Doshas, Vata, Pitta und Kapha, sind grundlegende bioenergetische Kräfte im Ayurveda, die aus der Kombination der fünf Elemente entstehen und im Körper als Wirkprinzipien fungieren. Sie sind für verschiedene physiologische Funktionen verantwortlich und stehen in einem ständigen Veränderungsprozess.
Der Begriff "Dosha" bedeutet wörtlich "Verderber" oder "krank machender Faktor", was darauf hindeutet, dass ein Ungleichgewicht dieser Kräfte zu Störungen und Krankheiten führen kann.
Die Guna-Lehre
Die Guna-Lehre ist ein wichtiger Bestandteil des Ayurveda und beschreibt die Eigenschaften von Substanzen und deren Auswirkungen auf den Körper. Der Begriff Guna bedeutet "Eigenschaft, Art und Qualität". Es ist wichtig zu verstehen, dass Gunas nicht von Dravya (Materie) getrennt betrachtet werden können.Im Ayurveda werden zwei Arten von Gunas unterschieden:


Die 20 Gunas werden auch in Bezug auf die Elemente gesetzt:
- Äther wird mit sattva verbunden und hat die Eigenschaft der Hörbarkeit, sowie des Fehlens von Widerstand und Austausch.
- Luft wird mit rajas verbunden und hat die Eigenschaft der Tastbarkeit, Schwingung und Bewegung.
- Feuer wird mit sattva und rajas verbunden und hat die Eigenschaft der Sichtbarkeit, Temperaturänderung und Umwandlung.
- Wasser wird mit sattva und tamas verbunden und hat die Eigenschaft des Geschmacks, der Flüssigkeit und des fließenden Zustands.
- Erde wird mit tamas verbunden und hat die Eigenschaft des Geruchs, der Festigkeit und Form.
Zusammenfassung der Guna-Lehre
Die Gunas sind wichtig, um zu verstehen, wie Substanzen auf den Körper wirken. Im Ayurveda wird das Prinzip verfolgt, dass Gleiches Gleiches vermehrt bzw. reduziert. So vermehren fettige Substanzen das Körperfett, und Substanzen mit trockener Wirkung verstärken Trockenheit im Körper. Daher werden im Ayurveda Störungen mit entgegengesetzten Mitteln behandelt. Zum Beispiel werden kühlende Substanzen bei zu viel Hitze im Körper und erwärmende Substanzen bei zu viel Kälte eingesetzt.
Aṣṭānga Ayurveda
bezieht sich auf die acht Fachgebiete der ayurvedischen Medizin. Diese Aufteilung ermöglicht es, die verschiedenen Aspekte der Gesundheit und Krankheit ganzheitlich zu betrachten. Ayurveda betrachtet den Menschen immer als ein Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele.Die acht Fachgebiete sind:

Kāyacikitsā
(Innere Medizin)

Rasāyana
(Verjüngung)

Śalyatantra
(Chirurgie)

Bhūtavidyā
(Psychiatrie)

Śālākyatantra
(Augen- und Kopfheilkunde)

Agadatantra
(Toxikologie)

Kaumārabhṛtaya
(Kinderheilkunde)

Vājīkaraṇa
(Aphrodisiaka)
Bedeutung von Aṣṭānga Ayurveda
- Ganzheitlicher Ansatz: Aṣṭānga Ayurveda betrachtet den Menschen als Ganzes, und die verschiedenen Fachgebiete arbeiten zusammen, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.
- Prävention und Behandlung: Neben der Behandlung von Krankheiten legt der Ayurveda großen Wert auf Prävention und einen gesunden Lebensstil.
- Individuelle Therapie: Die ayurvedische Medizin ist individuell und wird auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten.
- Die Wahl der Nahrungsmittel richtet sich nach dem Agni-Status und der Konstitution (prakṛti) des Patienten.
- Psychosomatik: Geist und Körper beeinflussen sich gegenseitig, daher verfolgt Ayurveda einen psychosomatischen und salutogenetischen Ansatz.
- Verbindung zur Natur: Der Mensch wird als untrennbar mit seiner Umgebung und der Natur verbunden betrachtet.
- Die genannten acht Fachgebiete des Ayurveda zeigen die Vielfalt der ayurvedischen Lehre. Sie bieten ein umfassendes System, das sowohl auf die Behandlung von Krankheiten als auch auf die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden abzielt.
- Kaya-cikitsa ist das wichtigste und umfangreichste Gebiet der Aṣṭānga Ayurveda.
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